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Erster DFB-Präsident Hueppe vor 150 Jahren geboren

Wegbereiter der Nazis.

 

Ein Denkmal wollten sie ihm in Neuwied errichten, dort, wo Ferdinand August Theophil Hueppe heute vor 150 Jahren im Ortsteil Heddesdorf geboren wurde. Weil er ein berühmter Wissenschaftler war – und außerdem der erste Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Als solcher hat ihn natürlich auch Egidius Braun zitiert, als der Verband im Januar 2000 stolze 100 Jahre alt wurde. Der damalige DFB-Chef erinnerte mit wohlfeilen Worten „an die Menschen, die unseren Sport durch ihre Haltung, durch ihre Lebensleistung und durch ihr vorbildliches Tun gestaltet und geprägt haben”, und nannte als Ersten eben jene Gründungsfigur. In der goldumfassten Festschrift des DFB wird Hueppe geschildert als „Wissenschaftler im Fachgebiet Hygiene”, sein Standardwerk „Hygiene der Leibesübungen” sei wahre Pionierarbeit gewesen. Und dass er für eine Vereinheitlichung der Fußballregeln gesorgt habe sowie 1904 „seinen Auftrag zurückgeben musste”.

Viel ist darin also nicht zu erfahren über den Mann. Und das, obwohl der Professor, der zwischen 1889 und 1912 an der Prager Karls-Universität lehrte, nach seinem Tod 1938 ein recht umfangreiches Schrifttum und eine kleine Autobiografie hinterließ. Nur leider finden sich darin auch Zitate, die nur eingeschränkt vorbildlich wirken. So vergleicht er in seinem 1897 erschienenen Werk „Zur Rassenhygiene und Sozialhygiene der Griechen im Alterthum und in der Gegenwart” den bevorzugten „arisch-hellenischen” Menschen mit dem niederen „semitischen” Typ „jüdischer Krieger”. Auch machte Hueppe sich in dem Werk Gedanken über die Herkunft des in Troja gefundenen Swastika-Symbols, später vorzugsweise Hakenkreuz genannt („rein arischen und zwar europäischen Ursprunges und nicht aus Indien importiert”). 1901 formulierte Hueppe eine Denkschrift zu den „Kolonisationsbestrebungen”, die damals so schwer in Mode waren. „Im Kampf der Rassen um die Weltherrschaft”, hieß es darin unverblümt, seien die „minderwerthigen Rassen” in die „Rolle der dienenden zu verweisen.” Das „Untergehen von Rassen” könne man vom „allgemein menschlichen Standpunkte aus bedauern, aber eine Verbesserung der Menschheit” und der „Fortschritt” erforderten eben gewisse „Opfer”. Blanker Sozialdarwinismus.

Dadurch wurde Hueppe auch „zu einem ideologischen Wegbereiter der nationalsozialistischen Rassenlehre”, analysierte Dr. Thomas Schnitzler, ein Sporthistoriker aus Trier, in einem kleinen Aufsatz für das Leipziger Sportmuseum. Auch habe Hueppe sich nach 1933, so Schnitzler, öffentlich selber als NS-Wegbereiter bezeichnet. Zudem belaste „sein offenes Sympathiebekenntnis für die Gleichschaltung des Sports im Führerstaat” seine Biografie, „deren kritische Gesamteinschätzung noch weiterführender Studien bedarf”.

Tatsächlich war Hueppe einer der ersten wichtigen deutschen Sportfunktionäre. So gehörte er dem deutschen Olympiakomitee an, das 1896 ein kleines Team zu den I. Internationalen Olympischen Spielen nach Athen sandte. Hueppe stellte sich dort kostenlos als Mannschaftsarzt und als Kampfrichter zur Verfügung. Seine sportlichen Referenzen waren unbestritten: Bereits zwischen 1863 und 1865 hatte er in Neuwied mit englischen Internatsschülern Fußball gespielt, allerdings die Variante „Mit Aufnehmen des Balles” – sprich Rugby. Auch hatte er Leichtathletik, Eisschnelllauf, Reiten und Fechten betrieben, die von ihm übersprungenen 1,85 m galten fünf Jahre lang sogar als inoffizieller Weltrekord. Kein Zufall also, dass er 1898 zu den Gründern des ersten deutschen Leichtathletik-Verbandes gehörte. Auch auf wissenschaftlicher Ebene gehörte er zu den Koryphäen, wenngleich er nie aus dem Schatten seines berühmten Lehrers, des Bakteriologen Robert Koch, heraustreten konnte.

Eine seriöse Biografie über diesen Sport- und Funktionärspionier existiert nicht, auch der DFB hat sich mit seinem problematischen Gründungspräsidenten bisher nicht beschäftigt. Der Verband, der nach heftigem öffentlichem Druck zurzeit seine Rolle im „Dritten Reich” wissenschaftlich ausloten lässt, sollte vielleicht auch einmal eine Studie über Hueppe anfertigen lassen. Das würde den Vorteil bieten, das interessante Verhältnis Hueppes zu den zahlreichen Juden zu klären, die damals mit ihm den DFB aus der Taufe hoben.

Die Sache mit dem Denkmal haben sie sich in Neuwied übrigens noch mal überlegt. Eine diesbezügliche Anfrage hatte die Kanzlei des Ministerpräsidenten Beck abschlägig beschieden, nachdem Schnitzler dort zur Aufklärung beigetragen hatte. Ein Stadion heißt indes immer noch nach dem berühmten Sohn der Stadt. Das mit dem Denkmal klappt dann ja vielleicht beim nächsten Jubiläum.

Erschienen am 24. August 2002 in der taz.

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